Artikel erstellt am 25.11.2023
von Boris Stippe | ca: 6 Min. zu lesen

Energieverbrauchsausweis oder Energiebedarfsausweis: Was brauche ich?

Als Eigentümer eines Wohngebäudes sind Sie verpflichtet, bei Vermietung oder Verkauf einen Energieausweis des Gebäudes vorzulegen. In diesem Artikel erläutern wir Ihnen die Details und helfen Ihnen zu entscheiden, welche Art von Ausweis Sie benötigen.

Energieausweis für Wohnhäuser
Energieausweis für Wohnhäuser (Bildquelle: Alexander Raths – stock.adobe.com)

Energieausweise in Deutschland: Das sind die Unterschiede

Der Energieausweis stellt die Energieeffizienzklasse eines Gebäudes dar, ähnlich wie bei Elektrogeräten. Das erleichtert potenziellen Käufern oder Mietern die Einschätzung von Nebenkosten und notwendigen Investitionen für energetische Verbesserungen. Seit Einführung der Energieeinsparungsverordnung (ENEV) im Jahr 2007 ist die Vorlage eines Energieausweises bei Verkauf oder Vermietung eines Wohngebäudes verpflichtend. Die Verordnung wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt 2014. Ab Mai 2021 gelten die Bestimmungen des im November 2020 beschlossenen Gebäudeenergiegesetzes (GEG).

Um Verwirrung mit den verschiedenen Begriffen zu vermeiden, ist die Bezeichnung „Energieausweis” am gängigsten. Die Begriffe Verbrauchsausweis und Bedarfsausweis beziehen sich auf die Methoden, mit denen die Energieeffizienzklasse eines Gebäudes bestimmt wird. Darin unterscheiden sich die beiden Ausweise im Detail: 

  • Preisunterschied: Der Verbrauchsausweis ist mit Kosten von etwa 25 bis 100 Euro deutlich günstiger als der Bedarfsausweis, der bis zu 500 Euro kosten kann.
  • Anwendungsbereich des Verbrauchsausweises: Dieser ist nur zulässig für Gebäude mit mindestens fünf Wohnungen, die nach dem 1. November 1977 einen Bauantrag gestellt haben und nach der 1. Wärmeschutzverordnung von 1977 errichtet oder nachgerüstet wurden.
  • Inhalt des Verbrauchsausweises: Er zeigt den tatsächlichen Energieverbrauch eines Gebäudes für Heizung und Warmwasser an, gemessen in Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter Nutzungsfläche. Bei Nichtwohngebäuden werden zusätzlich Werte für Beleuchtung, Lüftung und Kühlung aufgeführt.
  • Berechnungen für den Bedarfsausweis: Hier werden umfangreichere Berechnungen durchgeführt, die den theoretischen gesamten Energiebedarf eines Gebäudes analysieren. Berücksichtigt werden dabei Faktoren wie Gebäudedämmung, Energiesparfenster, Heizungsanlage und Gebäudeform.
  • Objektivität des Bedarfsausweises: Da die Werte unabhängig vom individuellen Heizverhalten der Bewohner sind, ermöglicht der Bedarfsausweis einen objektiven Vergleich mit anderen Immobilien und zeigt Schwachstellen in der Dämmung auf.
  • Einsatzbereiche: Der Bedarfsausweis ist besonders sinnvoll bei Verkauf einer Immobilie oder vor Modernisierungsarbeiten, da er einen Leitfaden für energetische Optimierungsmaßnahmen bietet. Der Verbrauchsausweis reicht hingegen für eine grobe Übersicht aus, zum Beispiel  für Mietanzeigen, sofern das Gebäude bestimmte Kriterien erfüllt.

Welche Angaben macht der Energieverbrauchsausweis?

Der Energieverbrauchsausweis wird auf der Grundlage der Verbrauchsdaten von drei aufeinander folgenden Abrechnungsperioden erstellt. Dieser Ausweis orientiert sich also am tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes. Beim Energiebedarfsausweis werden die technischen Daten des Gebäudes (Baumaterialien, Bauweise, Wärmedämmung, Heizsystem und verwendeter Brennstoff) zur Grundlage genommen. Folgende Angaben machen die Ausweise:

Endenergieverbrauch

Dieser Wert repräsentiert den tatsächlichen Energieverbrauch für Heizung und Warmwasserbereitung. Er enthält auch alle Verluste, die über die Gebäudehülle, den Wärmeerzeuger, Rohrleitungen und an anderer Stelle entstehen.

Primärenergieverbrauch

Die Kennziffer berücksichtigt nicht nur den gemessenen Verbrauch an Brennstoffen, sondern auch den Aufwand zu deren Gewinnung. Sie ist ein Maß der Umweltbilanz des eingesetzten Energieträgers. Zu ihrer Ermittlung multipliziert der Ausweisersteller den gemessenen Brennstoffverbrauch mit dem Primärenergiefaktor.

Der Primärenergiefaktor beinhaltet den Aufwand bei der Gewinnung, die Versorgungssicherheit, den Energiegehalt und die Klimaschädlichkeit des verwendeten Brennstoffs. Er kann bereits der ENEV 2014 entnommen werden. Demnach haben die nicht erneuerbaren Brennstoffe Steinkohle, Heizöl, Erd- und Flüssiggas den Primärenergiefaktor 1,1. Holz wird dagegen mit dem Faktor 0,2 bewertet. Mit der Verwendung von Brennstoffen aus erneuerbaren Quellen lässt sich also der Primärenergieverbrauch und damit die Energiebilanz des Gebäudes positiv beeinflussen.

Energieeffizienzklasse

Ähnlich wie Elektrogeräte werden auch Gebäude in Energieeffizienzklassen eingeteilt. Die Skala reicht hier von A+ bis H. Die Einteilung erfolgt aufgrund der (Primär- und Endenergie-) Verbräuche pro Jahr und beziehen sich auf die jeweilige Nutzfläche des Gebäudes (Maßeinheit kWh / qm * a). Ein Passivhaus mit einem sehr niedrigen Jahresenergieverbrauch liegt in der Effizienzklasse A+. Aktuelle Neubauten landen mit ihrem Verbrauch um 50 kWh/qm*a in den Klassen A oder B. Der Verbrauch eines durchschnittlichen Wohngebäudes in Deutschland liegt etwa bei 160 kWh/qm*a und damit in Effizienzklasse E. Damit wird auch deutlich, dass bei der energetischen Sanierung bei Bestandswohnbauten noch viel Luft nach oben ist.

Wann kommt ein Energieverbrauchsausweis zur Verwendung?

Sie sind dazu verpflichtet, einen Energieausweis vorzulegen, wenn Sie Ihr Gebäude vermieten oder verkaufen möchten. Die Kosten für die Erstellung tragen Sie jedoch selbst. Da die Erstellung des Energiebedarfsausweises deutlich aufwändiger ist, kostet diese wesentlich mehr als ein Energieverbrauchsausweis. Daher ist es zu empfehlen, einen Verbrauchsausweis zu verwenden, wenn möglich.

Für Nichtwohngebäude ist ein Energieverbrauchsausweis ausreichend, ebenso bei Wohngebäuden mit mindestens fünf Wohneinheiten sowie beim Verkauf eines schon einige Jahre alten Eigenheims. Ebenfalls bei Wohngebäuden mit maximal vier Wohneinheiten reicht der Verbrauchsausweis, wenn diese ab 1977 errichtet wurden. Denn dann entsprechen sie den Festlegungen der Wärmeschutzverordnung 1977.

Besitzen Sie bereits einen Energieausweis und ist dieser nicht älter als zehn Jahre, müssen Sie sich keinen neuen ausstellen lassen. Eine Neuausstellung ist notwendig nach Ablauf des zehnjährigen Gültigkeitszeitraums und wenn in der Zwischenzeit eine energetische Sanierung des Gebäudes erfolgte.

Wer ist berechtigt, Energieausweise auszustellen?

Gemäß § 88 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sind bestimmte Qualifikationen erforderlich, um Energieausweise ausstellen zu dürfen. Zu den Berechtigten zählen Absolventen von Hochschulstudiengängen wie Architektur, Innenarchitektur, Hochbau, Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung, Physik, Bauphysik, Maschinenbau oder Elektrotechnik. Voraussetzung ist, dass der Studienschwerpunkt im Bereich Energieeffizienz und Bauen lag oder diese eine spezielle Zusatzausbildung in diesem Bereich absolviert haben. Diese Regelung gilt ebenfalls für Techniker.

Eine weitere Gruppe, die zur Ausstellung von Energieausweisen berechtigt ist, umfasst Handwerker und Meister mit Fachkenntnissen in der Beurteilung von Gebäudehüllen, Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie Lüftungs- und Klimaanlagen, einschließlich Schornsteinfegern. Für alle genannten Gruppen ist eine mindestens zweijährige Berufserfahrung erforderlich.

Es existiert kein spezielles Zertifikat, das die Befugnis zur Ausstellung von Energieausweisen bestätigt. Daher liegt es in der Verantwortung des Auftraggebers, die Eignung des Anbieters zu überprüfen. Eine gewisse Absicherung gegen unseriöse Anbieter bietet allerdings die Tatsache, dass das unrechtmäßige Ausstellen von Energieausweisen mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt werden kann. Es ist also ratsam, die Qualifikationen des Ausstellers sorgfältig zu prüfen.

Vor- und Nachteile des Energieverbrauchsausweises

Sofern der Energieverbrauchsausweis ausreichend ist und Sie keinen über den Energiebedarf benötigen, bieten sich Ihnen folgende Vorteile:

  • Sie folgen den gesetzlichen Vorschriften.
  • Sie haben weniger Kosten bei der Erstellung.
  • Sie können den Ausweis online bestellen.

Diese Kritik wird am Energieverbrauchsausweis geübt:

  • Das Heizverhalten der Bewohner beeinflusst den Verbrauchsausweis.
  • Bei Mehrfamilienhäusern wird der höhere Verbrauch schlecht gedämmter Dach- und Erdgeschosswohnungen nicht explizit ausgewiesen.
  • Vereinfachte Berechnungsmethoden und eventuelle Fehler bei der Angabe von Verbrauchswerten durch den Nutzer verfälschen das Ergebnis.

Darum ist der Energieverbrauchsausweis sinnvoll

Trotz der oben genannten Nachteile gibt der Verbrauchsausweis hinreichend genaue Hinweise, wie gut die Energieeffizienz des beurteilten Gebäudes ist und in welcher Größenordnung die Nebenkosten liegen. Sofern es unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zulässig ist, ermöglicht es der Verbrauchsausweis, den gesetzlichen Pflichten zur Vorlage eines Energieausweises zu günstigen Kosten nachzukommen.

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