Artikel aktualisiert am 06.07.2024
von Ines Rutschmann | ca: 6 Min. zu lesen

Weniger Pflichten, mehr Rechte für Verbraucher: Neue Regeln für Balkonsolaranlagen

Steckersolaranlagen sind kleine Photovoltaikanlagen, die auf Balkonen oder Terrassen platziert werden und mit einer Steckdose verbunden sind. Der Gesetzgeber hat 2024 die Pflichten für Verbraucher reduziert. Mieter und Wohnungseigentümer bekommen zudem ein Recht auf Installation. Noch in Arbeit ist eine Produktnorm, die den Anschluss der Anlagen erleichtern kann.

Balkonkraftwerk an einem Mehrfamilienhaus
Balkonkraftwerk an einem Mehrfamilienhaus (Bildquelle: Andreas Prott – stock.adobe.com)

Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, verfügt in der Regel über keine Dachfläche für eine Photovoltaikanlage. Dennoch können Mieter wie Wohnungseigentümer Solarstrom erzeugen und ihn selbst nutzen: Mit Steckersolargeräten, die auf dem Balkon oder auf der Terrasse angebracht werden.

Die Anlagen bestehen aus ein bis zwei Solarmodulen und haben auf der Rückseite einen Wechselrichter, der den erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom wandelt. Vom Wechselrichter geht ein Kabel mit Stecker ab, damit die Anlage an eine Steckdose geschlossen werden kann. Der Solarstrom kann so alle Elektrogeräte speisen, die über denselben Stromkreis in der Wohnung Energie beziehen. So decken die Anlagen bis zu 30 Prozent des Bedarfs ihrer Betreiber, heißt es vom Verein Balkon.Solar. Installiert sind bis heute rund 1,6 Millionen Anlagen in Deutschland. Der Zubau weiterer dürfte aufgrund rechtlicher und geplanter technischer Neuerungen weiter steigen.

1. Vereinfachungen im Energierecht

Über das Solarpaket I hat der Bundestag im Mai 2024 die rechtlichen Regeln für den Anschluss von Balkonsolaranlagen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vereinfacht. Als Betreiber eines neuen Systems müssen Sie dieses im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registrieren. Aber Sie müssen es nicht mehr dem Netzbetreiber melden, wenn die Anlage

  • maximal 2 Kilowatt (kW) Modulleistung und
  • maximal 800 Voltampere (VA) Wechselrichterleistung hat.
    In Voltampere wird die Scheinleistung des Wechselrichters angegeben. Sie setzt sich zusammen aus der Wirkleistung und der Blindleistung, mit der ein Gerät das Stromnetz stützt. Die maximale Scheinleistung ist auf dem Datenblatt ausgewiesen und liegt etwas über der Nennleistung.
  • Und wenn für Solarstrom, der möglicherweise ins öffentliche Stromnetz fließt, keine Einspeisevergütung nach Erneuerbare-Energien-Gesetz beansprucht wird.

Sollte bei Ihnen noch ein elektro-mechanischer Stromzähler – ein sogenannter Ferraris-Zähler – installiert sein, so darf dieser nunmehr rückwärts drehen. Der zuständige Messstellenbetreiber wird von der Bundesnetzagentur für die Installation der Balkonsolaranlage informiert und kann den bis spätestens 2030 ohnehin anstehenden Austausch des Zählers vorziehen – ersetzt wird er durch ein modernes digitales Gerät mit Rücklaufsperre, eine sogenannte moderne Messeinrichtung. Das Messstellenentgelt für den neuen Zähler beträgt 20 Euro im Jahr, geringfügig mehr gegenüber den Entgelten für analoge Stromzähler. Zusätzliche Kosten fallen nicht an.

Wer für ins Netz gespeisten Solarstrom die Einspeisevergütung beziehen möchte, hat darauf grundsätzlich Anspruch. Aber dann muss die Anlage dem Netzbetreiber gemeldet und seine Anschlussbedingungen erfüllt werden. Verlangt der Netzbetreiber zum Beispiel, dass eine andere Steckdose zu setzen ist, bedeutet das Mehrkosten, die Sie über die Einspeisevergütung für kleine Solarstrommengen nicht so schnell wieder hereinholen. Nutzen Sie dagegen die vereinfachten Anschlussbedingungen, wird eingespeister Solarstrom der unentgeltlichen Wertabnahme zugeordnet – der Netzbetreiber nimmt den Strom ab, aber vergütet ihn nicht.

2. Recht auf Installation für Mieter und Wohnungseigentümer

In der Vergangenheit brauchten Wohnungseigentümer und Mieter die Einwilligung anderer, um eine Steckersolaranlage auf dem Balkon zu befestigen: Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft; Mieter vom Vermieter. Am 4. Juli 2024 hat der Bundestag sowohl das Wohnungseigentümergesetz (WEG) als auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert: Die Installation einer Steckersolaranlage gehört nunmehr zu den privilegierten baulichen Veränderungen nach §20 WEG beziehungsweise §554 BGB. Balkonsolaranlagen werden damit auf eine Stufe mit einer Wallbox zum Laden eines Elektroautos, dem behindertengerechter Umbau der Wohnung oder Maßnahmen für einen höheren Schutz vor Einbruch gestellt.

Es besteht somit für Wohnungseigentümer und Mieter ein Anspruch auf die Befestigung von Balkonsolaranlagen und zwar auf den Flächen, die zum Wohnungseigentum oder zur Mietsache gehören. Das schließt Balkone und Terrassen ein, nicht aber Dachflächen. Sollte die Außenseite eines Balkongeländers nicht zum Sondereigentum oder zur Mietsache gehören, ist mit der Gemeinschaft beziehungsweise dem Vermieter abzusprechen, ob Solarmodule trotzdem an der Außenseite des Geländerns befestigt werden dürfen – das gefällt möglicherweise besser, als wenn die Module an die Außenwand am Balkon geschraubt werden.

In Kraft treten die neuen Regelungen einen Tag nach ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt, vermutlich noch in diesem Sommer.

3. Produktnorm für Steckersolargeräte erlaubt einfacheren Anschluss

Im Juni 2024 veröffentlichte der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) einen neuen Entwurf für eine erste Produktnorm für Steckersolargeräte. Die DIN VDE V 0126-95 gilt für Anlagen mit

  • maximal 960 Watt Modulleistung und
  • maximal 800 Voltampere Scheinleistung des Wechselrichters.

Hinsichtlich der Scheinleistung des Wechselrichters deckt sich der Normentwurf mit den Grenzwerten für die vereinfachte Meldung einer Anlage nach Erneuerbare-Energien-Gesetz. Bei der Modulleistung schränkt der VDE die maximale Anschlussleistung stärker ein.

Die Norm beschreibt die technischen Anforderungen an entsprechende Geräte als auch ihre Anbindung an eine Steckdose in der Wohnung, damit Sie die Solaranlage sicher betreiben können. So haben Hersteller der Montagesysteme für Steckersolarmodule nachzuweisen, dass die Konstruktionen Wind- und Schneelasten aushalten und die Materialien nicht korrodieren. Die Module, Wechselrichter und Stecker müssen den einschlägigen Normen zum Schutz gegen Stromschlag entsprechen. Der Anschluss der Geräte soll nach dem Normentwurf erstmals über die in Wohnungen üblichen Schutzkontaktsteckdosen (Schuko-Steckdosen) möglich sein. Diese müssen fest installiert und die stromleitenden Teile so abgedeckt sein, dass ein Schutz vor elektrischem Schlag gewährleistet ist, wenn ein Stecker einer Balkonsolaranlage eingestöpselt oder wieder gelöst wird. Ein handelsüblicher Steckdoseneinsatz mit Plastikabdeckung, die beide festgeschraubt werden, erfüllen diese Anforderung.

Bis zur Veröffentlichung der Produktnorm gilt weiterhin 600-Watt-Grenzwert

Die Einspruchsfrist zum Entwurf endete am 3. Juli 2024. Nachdem eingegangene Stellungnahmen geprüft und gegebenenfalls noch in die Norm eingebracht wurden, kann die Norm in endgültiger Fassung veröffentlicht werden. Das soll noch bis Ende 2024 passieren. Spätestens dann dürften Balkonsolaranlagen dann nach der VDE 0126-95 gekennzeichnet werden, damit Verbraucher wissen, dass eine Anlage den gängigen Sicherheitsanforderungen entspricht.  

Bis die VDE 0126-95 in finaler Form vorliegt, ist bezüglich des Anschlusses weiterhin die Vornorm VDE V 0100-551-1 zu beachten. Diese schreibt vor, dass eine Steckersolaranlage nur maximal 600 Watt Leistung haben darf, wenn sie an eine Steckdose in der Wohnung geschlossen wird. Bei der Dose muss es sich um eine „spezielle Energiesteckvorrichtung“ handeln – berührungssicher und verwechslungssicher. Gibt es Schraubsicherungen im Stromverteilerkasten, ist möglicherweise jene zur Absicherung des fraglichen Stromkreises durch eine kleinere zu ersetzen.

Die Normen des VDE zählen zu den anerkannten Regeln der Technik. Hält ein Betreiber diese nicht ein, indem er beispielsweise eine Anlage mit höherer Leistung, als in der Norm angegeben, anschließt oder die Anlage nicht an eine fest montierte Steckdose sondern eine flexible Verteilerdose mit Platz für mehrere Stecker stöpselt, haftet er im Schadensfall.

Fazit

Die Nutzung von Balkonsolaranlagen hat sich 2024 deutlich vereinfacht. Kleine Photovoltaiksysteme brauchen nur noch dem Marktstammdatenregister gemeldet werden, nicht jedoch dem Netzbetreiber. Mieter und Wohnungseigentümer haben ein Recht auf Installation gegenüber dem Vermieter und der Gemeinschaft. Eine Produktnorm für den technisch sicheren Anschluss soll bis Jahresende final vorliegen.

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Lieferumfang1x Bifaziales Solarmodul mit 430 Wp;
1x Wechselrichter;
1x Schukokabel (5m) zum direkten Anschluss an der Steckdose;
2x Haken zur Montage am Balkongeländer.
2x Bifaziale Solarmodule mit je 445 Wp;
1x Wechselrichter;
1x Schukokabel (5m) zum direkten Anschluss an der Steckdose.
2x Bifaziale Solarmodule mit je 430 Wp;
1x SolMate Speicher- und Steuereinheit mit zwei verbauten Wechselrichtern (1,44 kWh, 800 Watt Einspeiseleistung, 1000 W Notstromversorgung);
1x Schukokabel (5m) zum direkten Anschluss an der Steckdose;
1x Stromkabel mit 1,8 m zwischen Speicher und Steckdose
4 x Haken zur Montage am Balkongeländer.
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