Artikel aktualisiert am 07.07.2024
von Ines Rutschmann | ca: 11 Min. zu lesen

EEG 2024: Weniger Bürokratie, schneller Netzanschluss, flexible Speichernutzung

Bereits im Oktober 2023 hatte die Bundesregierung einen ersten Entwurf für das Solarpaket präsentiert, aber nur wenige Punkte wurden noch 2023 verabschiedet. Am 26. April hat der Bundestag das verbliebene Gesamtpaket beschlossen – am 16. Mai sind die Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die hier benannten im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in Kraft getreten. Diese Änderungen erleichtern den Bau von Photovoltaikanlagen und erlauben neue Geschäftsmodelle. Die wichtigen Änderungen für die Photovoltaik erläutern wir nachfolgend:

Änderungen im EEG sollen schon bald in Kraft treten
Änderungen im EEG sollen schon bald in Kraft treten (Bildquelle: MQ-Illustrations – stock.adobe.com)

1. Weniger Bürokratie bei Balkonsolaranlagen

Steckerfertige PV-Anlagen, auch Balkonsolaranlagen genannt, brauchen dem Netzbetreiber nicht mehr gemeldet werden, wenn sie maximal 2 Kilowatt Modulleistung und maximal 800 Voltampere Wechselrichterleistung haben. Der Austausch des Stromzählers ist nicht erforderlich – elektro-mechanische Ferrariszähler dürfen nunmehr rückwärts drehen. Das kann passieren, wenn das Stecker-Solar-System mehr Strom erzeugt, als der Haushalt gerade benötigt.

Erforderlich ist damit einzig noch die Registrierung der Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Die Behörde hat zum 1. April die Meldung von Stecker-Solar-Anlagen vereinfacht: Anlagenbetreiber müssen neben ihrem Namen nur noch fünf weitere Angaben zum System machen. Auch wird eine eigene Kategorie für steckerfertige Solaranlagen im Register eingeführt. Wird eine Anlage gemeldet, informiert die Bundesnetzagentur den jeweiligen Netzbetreiber, auf dass dieser in seiner Funktion als grundzuständiger Messstellenbetreiber einen älteren analogen Zähler zeitnah gegen einen modernen digitalen Zähler tauscht. Diese besitzen eine Rücklaufsperre. Ist ein digitaler Zweirichtungszähler installiert, können Betreiber von Balkonsolaranlagen auch die EEG-Vergütung für ins Netz gespeisten Solarstrom erhalten. Der Netzbetreiber zahlt diese, wenn der gesetzliche Tarif beansprucht wird. Dann ist die Anlage aber auch beim Netzbetreiber anzumelden – in der Regel macht das ein Elektriker. Wird auf die Vergütung verzichtet, wird der Strom nach Registrierung im Marktstammdatenregister automatisch der „unentgeltlichen Abnahme“ zugeordnet. Geht es um die Ermittlung der Höhe des Einspeisetarifs für ebenfalls zum Haushalt gehörende netzgekoppelte Anlagen auf dem Dach oder an der Fassade, zählt die Balkonanlage nicht mit, wenn sie maximal 2 Kilowatt Modulleistung und 800 Voltampere Wechselrichterleistung hat.

Noch nicht publiziert wurde die geplante Produktnorm für Stecker-Solar-Geräte durch den VDE. Bisher sehen die Standards des VDE vor, dass Balkonsolaranlagen mit bis zu 600 Watt Leistung vom Eigentümer selbst mit einer Steckdose in der Wohnung verbunden werden darf, aber es muss sich dabei um eine Einspeisesteckdose handeln, etwa vom Typ Wieland.

2. Schnellerer Netzanschluss für Anlagen bis 30 und bis 100 Kilowatt Leistung

Damit kleinere PV-Anlagen schnell in Betrieb gehen, darf der Netzanschluss seit 2021 ohne Anwesentheit des Netzbetreibers ausgeführt werden, wenn

  • der Netzbetreiber nicht innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Antrags auf Netzanschluss einen Zeitplan zur Ausführung desselben vorlegt,
  • die PV-Anlage höchstens 10,8 Kilowatt Leistung hat und
  • die technischen Anforderungen eingehalten werden.

Als Verknüpfungspunkt ist der nächstgelegene zur Anlage zu wählen – in der Regel ist das der Hausanschluss. Voraussetzung: Am Verknüpfungspunkt ist nicht bereits PV-Leistung angeschlossen, die in Summe mit der neuen Anlage 30 Kilowatt übersteigt.

Beim Anschluss neuer Anlagen wird die Leistungsgrenze im EEG 2024 nun von 10,8 Kilowatt auf 30 Kilowatt erhöht. In Summe dürfen aber weiterhin nur insgesamt 30 Kilowatt angeschlossen werden, wenn der Netzbetreiber nicht binnen vier Wochen erklärt, dass der nach EEG zu wählende Anschlusspunkt ungeeignet ist.

Mit der Erhöhung der Schwellwerts auf 30 Kilowatt reagiert der Gesetzgeber auf die aktuelle Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU. Diese sieht sogar vor, dass bis zu einer Leistung von 100 Kilowatt PV-Anlagen ohne Netzbetreiber ans öffentliche Netz geschlossen werden können. Die Mitgliedsländer dürfen davon abweichen, müssen die Grenze aber bei mehr als 10,8 Kilowatt ziehen. Deutschland legt nun 30 Kilowatt fest, weil innerhalb von vier Wochen für größere Anlagen keine angemessene Prüfung möglich sei. Überlastungen des Stromnetzes seien dann nicht auszuschließen, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Dennoch gibt es auch bei einer Leistung von mehr als 30 bis 100 Kilowatt eine Vereinfachung: Besteht auf einem Grundstück ein Anschluss ans Stromnetz und übersteigt die installierte PV-Leistung insgesamt nicht die Kapazität des Netzanschlusses laut Netzanschlussvertrag, dürfen Anlagen ohne Anwesenheit des Netzbetreibers ans Netz gehen. Allerdings hat der Netzbetreiber in diesen Fällen acht Wochen Zeit auf das Anschlussbegehren zu reagieren. Teilt er mit, dass ein anderer Verknüpfungspunkt zu wählen ist oder dass das Netz erst einmal verstärkt werden muss, darf die geplante Anlage erst einmal noch nicht ans Netz gehen.

Damit Installationsbetriebe schnell die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) von Verteilnetzbetreibern finden und die jeweiligen Anforderungen beim Netzanschluss identifizieren, sollen die Netzbetreiber ab 2025 einen kostenlosen Zugang über eine Internetplattform bieten, auf der die eigenen TAB zu finden sind. Diese sollen dabei so dargestellt werden, dass klar ist, ob sie den bundesweit einheitlichen Technischen Anschlussregeln (TAR) entsprechen, ohne diese wiederzugeben, oder ob sie diese ergänzen. Ist letzteres der Fall, sind Details anzugeben.

3. Änderungen bei den Fördertarifen für Dachanlagen

Bei den Fördertarifen für Dachanlagen gibt es verschiedene Anpassungen:

  • Dachanlagen erhalten nur noch bis 750 Kilowatt Leistung die Marktprämie – Systeme mit höherer Leistung müssen in die Ausschreibungen, wenn Betreiber eine feste Vergütung wollen.
  • Die Vergütung der Leistung von Gebäudeanlagen mit mehr als 40 bis 750 Kilowatt Leistung erhöht sich um 1,5 Cent pro Kilowattstunde. Die Marktprämie liegt somit bei 7,64 Cent pro Kilowattstunde bei Teileinspeisung und zwischen 9,52 und 12,69 Cent pro Kilowattstunde bei Volleinspeisung. Damit wird die Errichtung großer Dachanlagen auf Gewerbebetrieben deutlich lukrativer. Diese Erhöhung des Fördertarifs steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission. Sie entscheidet, ob die Erhöhung zulässig ist und ob sie nach Inkrafttreten des EEGs oder erst nach einer Genehmigung durch die Kommission gilt.
  • Die Einspeisevergütung ist weiterhin beschränkt auf Anlagen mit maximal 100 Kilowatt Leistung. Das EEG 2024 führt nun die „Variante der unentgeltlichen Abnahme“ für Eigenverbrauchsanlagen ein: Wer Überschüsse ins Netz speist und nicht in die Direktvermarktung gehen will, darf den Strom unentgeltlich einspeisen. 2024 und 2025 wird das für Anlagen kleiner 400 Kilowatt erlaubt; ab 2026 nur noch für Anlagen kleiner 200 Kilowatt. Die Ausfallvergütung können diese Anlagen über einen Zeitraum von zwei Jahren nicht erhalten, wenn sie in dieser Zeit einmal der unentgeltlichen Abnahme zugeordnet waren.

4. Neue Regelung bei der Förderung von Freiflächenanlagen

Mit dem EEG 2024 werden erstmals PV-Anlagen auf Mooren, Gewässern (Floating PV), über Parkplätzen und auf Feldern (Agri-PV) über eigene Ausschreibungen gefördert, in denen höhere Höchstwerte gelten werden. Das Ausschreibungsvolumen für dieses Untersegment wird bis 2029 jedes Jahr erhöht.

Für Anlagen bis maximal ein Megawatt Leistung können Betreiber weiterhin die Marktprämie (aktuell von 6,93 Cent pro Kilowattstunde) oder bei maximal 100 Kilowatt Leistung die Einspeisevergütung (derzeit 6,53 Cent pro Kilowattstunde) beziehen. Agri-PV-Anlagen erhalten einen Bonus, wenn

  • die Module in Feldern senkrecht und mindestens 80 Zentimeter hoch sind oder
  • mindestens 2,10 Meter über den Feldern montiert werden.

2024 erhöht sich die Vergütung um 2,5 Cent pro Kilowattstunde. In den kommenden Jahren bestimmt sich der Aufschlag aus der Differenz des Zuschlagswerts für Ausschreibungen aus dem Vorjahr und der geltenden Marktprämie für Freiflächenanlagen.

Es erhöht sich auch das Ausschreibungsvolumen für Anlagen des zweiten Untersegements bei Freifllächenanlagen – in benachteiligten Gebieten (zum Beispiel mit schwacher landwirtschaftlicher Nutzung) oder auf landwirtschaftlichen Flächen. Bei der Errichtung von Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen soll die Vereinbarkeit mit Natur und Landschaft abgesichert werden. Dazu müssen die Anlagen mindestens drei von fünf Kriterien erfüllen, etwa dass große wie kleine Tiere zwischen oder unter den Modulen laufen können, dass nur biologisch abbaubare Mittel zur Reinigung der Module eingesetzt werden oder dass die Module maximal 60 Prozent der zur Anlage gehörenden Grundfläche einnehmen.

Förderfähig werden Freiflächenanlagen künftig bis zu einer Leistung von 50 Megawatt sein – bisher liegt der Schwellwert bei 20 Megawatt.

5. Gebäudestromversorgung

Im Energiewirtschaftsgesetz wird die Gebäudestromversorgung in §42b eingeführt. Solarstrom vom Dach kann Bewohnern im Haus zum Verbrauch zugeleitet werden. Von Mieterstrom unterscheidet sich diese Art der Versorgung dadurch, dass der PV-Anlagenbetreiber die Abnehmer nicht vollständig mit Strom versorgen muss, sondern sie weiterhin Reststrom über das öffentliche Netz von einem anderen Lieferanten beziehen können. Dafür darf der Anlagenbetreiber keinen Mieterstromzuschlag für den im Haus verbrauchten Strom beziehen. Sehr wohl hat er aber Anspruch auf eine EEG-Vergütung für die Überschüsse, die ins Netz gespeist werden.

Wer Solarstrom im Rahmen der Gebäudestromversorgung liefert, gilt zudem nicht als Energieversorger und muss sich nicht entsprechend bei der Bundesnetzagentur registrieren. Ein Gebäudestromnutzungsvertrag ist aber mit den Abnehmern zu schließen, der die Aufteilung der erzeugten Solarstrommengen auf die Abnehmer aufgeschlüsselt und die Preise für den Gebäudestrom festgelegt. Der Vertrag muss – wie bei Mieterstromverträgen auch – unabhängig von einem Mietvertrag sein, darf zunächst ein Jahr laufen und sich danach auf unbestimmte Zeit verlängern. Die Kündigungsfrist beträgt maximal drei Monate. Einmal im Jahr muss abgerechnet werden.

6. Speicher dürfen flexibler am Netz betrieben werden

Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben PV-Anlagen mit Batteriespeicher bislang nur, wenn der Speicher ausschließlich mit Solarstrom oder anderem Ökostrom geladen wird. Wer den Speicher aus dem Stromnetz lädt – etwa in Zeiten sehr niedriger oder sogar negativer Börsenstrompreise – und zu einem späteren Zeitpunkt wieder solare Überschüsse ins Netz abgeben möchte, erhält keine Vergütung. Das wird nun anders: § 21 Absatz 3a EEG erlaubt einen flexibleren Betrieb des Speichers, ohne dass der Anspruch auf EEG-Förderung erlischt.

Der Speicher kann nunmehr zwei Betriebsmodi zugeordnet werden:

  1. Er wird ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien oder Grubengas geladen oder
  2. Er wird auch mit Strom geladen, der nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energien oder Grubengas erzeugt wurde – zum Beispiel mit Netzstrom.

Zwischen den Modi kann immer zu Beginn eines Monats und nur alle zwei Monate gewechselt werden. Maximal sind fünf Wechsel pro Jahr möglich. Häufiger ist ein Wechsel nur zulässig, wenn der Betreiber nachweist, dass der Speicher vor dem Wechsel so weit entleert wurde, wie es der übliche Betrieb erlaubt. Vergütet wird eingespeister Strom nur, wenn der Speicher dem Modus „ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas“ zugeordnet ist. Es besteht dabei kein Anspruch auf Einspeisevergütung, sondern nur auf Marktprämie und Mieterstromzuschlag.

7. Eigenverbrauch von PV-Systemen darf Strombezug zugeordnet werden

Es ist seit Jahren ein Ärgernis: Weil der Wechselrichter nachts geringfügig Strom aus dem öffentlichen Netz zieht oder theoretisch ziehen kann, beharren einige Grundversorger darauf, dass ein Lieferverhältnis bestehe und stellen die Preise ihres Grundtarifs in Rechnung – mitsamt monatlichem Grundpreis, der die Kosten des möglicherweise bezogenen Stroms um ein Vielfaches übersteigt.

Das neue EEG stellt in §10c nun klar: Bei volleinspeisenden PV-Anlagen ist die bezogene Strommenge als Eigenverbrauch der Anlage einzustufen. Der Anlagenbetreiber darf verlangen, dass dieser Eigenverbrauch anderen Entnahmestellen im Gebäude zugeordnet wird, also beispielsweise der für Haushaltsstrom. Voraussetzung ist, dass die PV-Anlage an, auf oder in dem Gebäude installiert ist, maximal 100 Kilowatt Leistung hat und kein weiterer Strombezug über den Eigenbedarf hinaus durch das PV-System erfolgt. Der Grundpreis für einen zweiten Liefervertrag entfällt damit; der Arbeitspreis für dem Eigenverbrauch der Anlage wird über den Liefervertrag für Haushaltsstrom abgerechnet.

8. Netzbetreiber nehmen länger Solarstrom ausgeförderter Anlagen ab

Betreiber von ausgeförderten Anlagen, können diese bislang weiter betreiben und ihren Strom ins öffentliche Netz speisen, ohne sich um die Vermarktung kümmern zu müssen. Der Netzbetreiber nimmt den Strom ab, verkauft ihn und der Betreiber erhält die Energie zum Marktwert vergütet. Bislang war dieses Prozedere bis Ende 2027 begrenzt. Das EEG 2024 verlängert die sogenannte „Marktwertdurchleitung“ nun bis 31. Dezember 2032.

9. Monitoring für die Stromnetze

Ab 2025 berichten die Übertragungsnetzbetreiber künftig alle zwei Jahre über die Sicherheit, Stabilität und Leistungsfähigkeit des Versorgungsnetzes in ihrer Regelzone. Die Bundesnetzagentur bewertet diesen Bericht und übergibt ihn zusammen mit Handlungsempfehlungen sechs Monate später der Bundesregierung. Darüber hinaus wird die Bundesnetzagentur künftig regelmäßig einen Monitoringbericht zum Stand der Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der Systemstabilität verfassen.

Der Bundestag hat das Solarpaket verabschiedet. Am 16. Mai sind die Änderungen im EEG in Kraft getreten. Zu den Änderungen gehören höhere Vergütungssätze für große Dachanlagen, eine vereinfachte Inbetriebnahme von Stecker-Solar-Anlagen und von netzgekoppelten PV-Anlagen sowie die Möglichkeit, Solarstrom auf Mehrfamilienhäusern einfacher an die Bewohner im Haus zu verkaufen, als es bisher möglich ist.

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