Artikel erstellt am 04.02.2024
von Boris Stippe | ca: 4 Min. zu lesen

Passivhaus: Ein Paradigmenwechsel in der Bauwelt

Das Passivhaus-Konzept revolutioniert die Bauindustrie, indem es nicht nur auf Energieeffizienz abzielt, sondern auch Komfort, Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit in Einklang bringt. Anders als ein Markenname handelt es sich beim Passivhaus um eine offene Bauweise, die sich in der Praxis bewährt hat und für jeden zugänglich ist. Diese innovative Herangehensweise an das Bauen hat nicht nur in Deutschland, wo es seinen Ursprung hat, sondern auch weltweit Anerkennung gefunden.

Errichtung eines Passivhauses (Bildquelle: lusia599 - stock.adobe.com)
Errichtung eines Passivhauses (Bildquelle: lusia599 – stock.adobe.com)

Was ist ein Passivhaus?

Ein Passivhaus zeichnet sich durch einen extrem niedrigen Heizungs- und Kühlungsbedarf aus, der mit minimalem Aufwand gedeckt werden kann. Der Energiebedarf für alle Verbraucher im Gebäude ist so niedrig, dass er nachhaltig durch erneuerbare Energiequellen gedeckt werden kann. Dies bedeutet, dass ein Passivhaus bis zu 90 % weniger Heizwärme verbraucht als ein herkömmliches Haus im Baubestand und sogar mehr als 75 % weniger im Vergleich zu den gesetzlichen Neubaustandards. Diese drastische Reduzierung des Energieverbrauchs macht das Passivhaus zu einer wegweisenden Lösung im Kontext des Klimawandels und der Bemühungen um nachhaltiges Bauen.

Behaglichkeit durch Energieeffizienz

Die herausragende Energieeffizienz des Passivhauses ist das Herzstück dieses Konzepts. Mit einem Heizwärmebedarf von unter 15 kWh/(m²a) erreicht es eine über 80 %ige Einsparung im Vergleich zu den gesetzlichen Standards. Diese beeindruckende Effizienz wird durch besonders effiziente Bauteile und innovative Lüftungstechnik erreicht, ohne dabei den Komfort zu beeinträchtigen. Die durchdachte Bauweise sorgt nicht nur für einen geringen Energieverbrauch, sondern auch für eine gleichbleibende Behaglichkeit im gesamten Gebäude. Die Heizkosten belaufen sich auf lediglich 10 bis 25 € pro Monat, selbst bei steigenden Energiepreisen, was das Passivhaus auch ökonomisch attraktiv macht.

Passivhaus als umfassender Ansatz

Das Passivhaus-Konzept geht jedoch über reine Energieeffizienz hinaus. Es repräsentiert einen umfassenden Ansatz für preiswertes, qualitativ hochwertiges, gesundes und nachhaltiges Bauen. Die luftdichte Bauweise moderner Neubauten erfordert eine kontrollierte Wohnungslüftung, die im Passivhaus zu einer Schlüsseltechnik wird. Anders als bei herkömmlichen Gebäuden, in denen oft unkontrollierter Luftaustausch für Frischluftzufuhr sorgt, gewährleistet das Passivhaus ein behagliches Raumklima durch eine kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung.

Erfahrungen und Kennwerte von Passivhäusern

Die gemessenen Kennwerte von Passivhäusern belegen eindrucksvoll ihre Energieeinsparungen und Klimagasreduktionen. Das Passivhaus ist somit ein Faktor-10-Haus, da es nur ein Zehntel des durchschnittlichen Heizenergieverbrauchs herkömmlicher Häuser benötigt. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die ökologische, sondern auch die ökonomische Effizienz des Passivhaus-Konzepts.

Nachhaltigkeit und europäische Standards beim Passivhaus

Die Nachhaltigkeit des Passivhausstandards wird durch den Beschluss des Europaparlaments unterstützt, der ab 2011 den Passivhaus-Standard für alle EU-Mitgliedsstaaten fordert. Zusätzlich wurde beschlossen, dass ab 2020 alle Neubauten „nearly zero energy buildings“ sein müssen. Dies unterstreicht die Anerkennung des Passivhaus-Konzepts auf europäischer Ebene und seine Rolle als Wegbereiter für zukünftige Bauprojekte.

Ökonomie des Passivhauses

Die wirtschaftliche Seite des Passivhausbaus wird oft infrage gestellt. Eine Beispielrechnung zur Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern wird präsentiert, und es wird darauf hingewiesen, dass sowohl die deutsche Bundesregierung als auch österreichische Landesregierungen den Bau von Passivhäusern im Rahmen des KfW40-Förderprogramms fördern. Die anfänglichen Investitionen in ein Passivhaus mögen höher sein, aber die langfristigen Einsparungen bei den Energiekosten und die Fördermittel machen es zu einer lohnenden Investition.

Passivhaus im Altbau und weitere Energieeinsparungen

Das Passivhaus-Konzept ist nicht nur auf Neubauten beschränkt. Auch im Bestand sind erhebliche Energieeinsparungen möglich. Eine fallbezogene Untersuchung eines denkmalgeschützten Gebäudes zeigt, dass eine Reduzierung des Heizwärmebedarfs um 85 % möglich ist. Dies verdeutlicht, dass das Passivhaus-Konzept nicht nur für Neubauprojekte relevant ist, sondern auch eine transformative Kraft für die Sanierung und Modernisierung bestehender Gebäude darstellt.

Fazit

Das Passivhaus-Konzept stellt zweifellos einen Paradigmenwechsel in der Bauwelt dar. Es kombiniert innovative Technologien, ökonomische Überlegungen und ökologische Verantwortung. Die beeindruckenden Erfahrungen und gemessenen Kennwerte belegen die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes. Angesichts der steigenden Energiepreise und des wachsenden Umweltbewusstseins ist das Passivhaus eine zukunftsweisende Lösung für nachhaltiges Bauen und Wohnen. Es bietet nicht nur einen Weg, den CO₂-Fußabdruck zu reduzieren, sondern auch langfristige wirtschaftliche Vorteile für Bauherren und Bewohner. Das Passivhaus ist mehr als ein Baustandard; es ist ein Schlüssel zur Schaffung von Gebäuden, die im Einklang mit der Natur stehen und dabei höchsten Wohnkomfort bieten.

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