Wer Strom über das öffentliche Netz bezieht, zahlt dafür Entgelte an den Netzbetreiber. Anders ist es, wenn Solarstrom ins öffentliche Netz fließt – es werden keine Entgelte erhoben, obwohl das Stromnetz genauso genutzt wird. Die Bundesnetzagentur plädiert dafür, dass künftig auch Betreiber von PV-Anlagen und anderer netzgekoppelter Stromerzeugungsanlagen Netzentgelte zahlen. Der Diskussionsprozess ist im Gange. Bis 2028 werden neue Regelungen vorgelegt werden.

2015 zahlte ein Haushalt in Deutschland im Schnitt 6,32 Cent pro Kilowattstunde (netto) Strom für die Nutzung des Stromnetzes. Heute, elf Jahre später, sind es 10,95 Cent die Kilowattstunde (netto), hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft in seiner Strompreisanalyse für einen Bezug von 3.500 Kilowattstunden im Jahr ermittelt. Die Mehrwertsteuer noch aufgeschlagen, ergeben sich Mehrkosten von 5,5 Cent pro Kilowattstunde.
Auch Stromeinspeiser sollen steigende Kosten für Netzausbau sollen
Die steigenden Netzentgelte sind ein Grund, dass sich der Strompreis in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat. Während aber die Beschaffungspreise für Energie wieder sinken, gibt es diese Trendumkehr bei den Netzentgelten nicht. Im Gegenteil: Aufgrund des Ausbau des Netzes und die Anbindung von Windkraftparks und Photovoltaikanlagen, erhöhen sich die Ausgaben der Netzbetreiber stetig. Lagen die Netzkosten 2015 noch bei rund 20 Milliarden Euro im Jahr, betrugen sie 2024 rund 45 Milliarden Euro. Allein für den Netzausbau für neue Windkraftanlagen an Land und auf See veranschlagen die Netzbetreiber bis 2045 zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als 500 Milliarden Euro. Würden diese Kosten weiterhin ausschließlich auf Stromnutzer umgelegt, stiegen die Netzentgelte nochmals spürbar, führt die Bundesnetzagentur aus und fordert eine Reform bei den Netzentgelten.
Denn die Zahl der Nutzer sinke, die in voller Höhe Entgelte zahlen. Durch Eigenversorgung beziehen Haushalte und Gewerbebetriebe weniger Energie über das Netz und bezahlen so am Ende weniger Entgelte. „Wir haben zweitens keine ausreichend wirksamen Signale, wie und wo Anlagen kostengünstig betrieben werden können, um einen unnötig teuren Ausbau der Netze zu vermeiden. Drittens gibt es im System heute keine Anreize, die flexibles Verhalten belohnen, eher im Gegenteil“, erklärt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Die Regulierungsbehörde spricht sich dafür aus, künftig alle Netznutzer an den Netzkosten zu beteiligen – auch die Stromeinspeiser und damit die Betreiber von Windrädern, PV-Anlagen, Blockheizkraftwerken, Biogasanlagen, aber auch von Gas- und Kohlekraftwerken.
Vorschläge zielen auf netzdienliches Einspeisen ab
Die aktuelle Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) gilt ohnehin nur noch bis Ende 2028. Spätestens zu Jahresbeginn 2029 muss ein neuer Rechtsrahmen in Kraft sein, der auch vorgibt, von wem Netzentgelte erhoben und wie sie berechnet werden. Diesen Rechtsrahmen gestaltet die Bundesnetzagentur in Form von Festlegungen, die die Behörde im Austauch mit verschiedenen Stakeholdern – Netzbetreibern, Energieverbänden, Verbraucherschützern – trifft.
Die Debatte um die „Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom“ (AgNes) ist seit Mai 2025 im Gange. Die Bundesnetzagentur hat in einem Diskussionspapier verschiedene Vorschläge gemacht, die von den am Diskussionsprozess Beteiligten kommentiert werden. Die Behörde sieht diese Optionen für ein Einspeiseentgelt:
- Einen Grundpreis pro Netzanschluss, differenziert nach Netzebene (Niederspannung, Mittelspannung, Hoch- und Höchstspannung). Prosumer würden dann für Bezug und Einspeisung einen höheren Grundpreis für das Netzentgelt zahlen als heute.
- Einen Leistungspreis je nach Höchstlast der Einspeisung im Jahr. Ist kein Messgerät zur Leistungsmessung wie ein RLM-Zähler vorhanden, soll das Entgelt nach Erzeugungsleistung der Anlage bestimmt werden.
- Einen Arbeitspreis, der auf jede eingespeiste Kilowattstunde erhoben wird.
- Einen Kapazitätspreis auf die vertraglich vereinbarte Anschlusskapazität.
Eine weitere Idee der Behörde ist die Einführung von dynamischen Netzentgelten. Diese können sich über den Tag verändern, je nachdem, wie stark das Netz gerade belastet ist. Bei hoher Auslastung wäre ein hohes Entgelt zu zahlen, bei geringer Auslastung entsprechend wenig.
Auf Betreiber von PV-Anlagen kommen höhere Betriebskosten zu
Alle Vorschläge bedeuten für die Betreiber von netzgekoppelten Photovoltaikanlagen (und anderen Erzeugungsanlagen) vermutlich höhere Betriebskosten. Im Gegensatz zu einem pauschalen Grundpreis haben es Anlagenbetreiber bei einem Leistungspreis, Arbeitspreis und einem dynamischen Entgelt aber auch selbst in der Hand, wie stark sie belastet werden. Denn diese Optionen zielen darauf ab, dass Strom netzdienlich eingespeist wird. Werden Spitzen bei der Einspeisung vermieden, müssen Netze weniger ausgebaut und Anlagen abgeregelt werden. Wird von vornherein nur eine begrenzte Anschlusskapazität vereinbart, dürfte der zu zahlende Kapazitätspreis kleiner sein. Aber der Stromerzeuger muss das besiegelte Limit auch einhalten.
Das Begrenzen der Einspeisung gelingt bei Photovoltaikanlagen, wenn Verbräuche verschoben werden, indem Geräte wie Wallboxen, Wärmepumpen oder Heizstäbe dann betrieben werden, wenn Solarstrom erzeugt wird. Und wenn Stromüberschüsse gespeichert werden. Der Strom kann dann zu einem späteren Zeitpunkt entweder im Gebäude verbraucht oder zu einem für das Stromnetz guten Zeitpunkt eingespeist werden.
Sonderregelungen für mobile und stationäre Speicher möglich
Mobile wie stationäre Speicher zählen zu den Stromerzeugungs- und zu den Stromverbrauchsanlagen – je nachdem, ob sie geladen oder entladen werden. Wird ein Speicher bidirektional am Netz betreiben, bezieht er also über das Netz Strom und kann ihn auch ans Netz zurückgeben, müssten bei einer Beteiligung von Erzeugungsanlagen an den Netzentgelten Batteriespeicher und Elektroautos doppelt belastet werden. Das soll vermieden werden. Auch die bisherige Privilegierung von Speicherkraftwerken, die gar keine Netzentgelte zahlen, soll zum Jahresende 2028 nicht ersatzlos entfallen. Ob und welche Rabatte Speichern gewährt werden sollen, ist ebenfalls Teil der Diskussion um die allgemeine Netzentgeltsystematik Strom.
Betreiber von Photovoltaikanlagen zahlen bisher nichts, wenn sie beim Einspeisen von Strom das öffentliche Netz belasten. Das soll sich spätestens 2029 ändern: Auch Stromeinspeiser sollen nach dem Willen der Bundesnetzagentur künftig Netzentgelte zahlen. In einem Diskussionsprozess mit Netzbetreibern, Verbänden und anderen Beteiligten erarbeitet die Behörde einen Rechtsrahmen.