Artikel aktualisiert am 05.04.2024
von Ines Rutschmann | ca: 8 Min. zu lesen

Netzorientierte Steuerung von Wallboxen und Wärmepumpen: Das müssen Sie wissen

Seit 2024 müssen neu installierte Wärmepumpen, Wallboxen und Batteriespeicher vom Netzbetreiber gesteuert werden können, wenn sie mehr als 4,2 Kilowatt Leistung haben. Das bedeutet, dass der Netzbetreiber die Geräte im Notfall in ihrer Leistung herunterfahren kann. Dafür erhalten Sie als Betreiber der Geräte eine Entschädigung in Form reduzierter Netzentgelte. Für ältere Geräte, die bereits steuerbar sind, gilt eine Übergangsfrist bis 2028.

Moderne Wärmepumpe
Moderne Wärmepumpe (Bildquelle: Reema – stock.adobe.com)

Dass Netzbetreiber auf sogenannte steuerbare Verbrauchsgeräte wie Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen und Ladestationen zugreifen können, ist schon lange etabliert. Zu festgelegten Zeiten und für eine beschränkte Dauer darf die Stromversorgung der Anlagen unterbrochen werden. Dafür gewähren Netzbetreiber reduzierte Entgelte für den Stromtransport. Wie viel geringer sie gegenüber den vollen Entgelten auf Haushaltsstrom sind, entscheidet jeder Netzbetreiber selbst. Vor allem aufgrund dieser reduzierten Netzentgelte ist Wärmepumpenstrom, Autostrom oder Nachtstrom günstiger als Haushaltsstrom.

Teilnahmepflicht für Betreiber neuer Wärmepumpen, Speicher und Wallboxen

Seit 2024 gibt es einheitliche Bestimmungen zur netzorientierten Steuerbarkeit von bestimmten Stromverbrauchsgeräten, festgelegt von der Bundesnetzagentur auf Grundlage von §14a Energiewirtschaftsgesetz. Die neuen Regeln gelten für neu installierte 

wenn diese mehr als 4,2 Kilowatt Leistung haben. 

Sind in einem Haushalt mehrere Geräte einer Kategorie installiert (etwa zwei Batteriespeicher mit jeweils 4 Kilowatt Leistung), wird ihre Leistung addiert. Übersteigt die Summe 4,2 Kilowatt, fallen die Geräte auch unter die neuen Bestimmungen und werden gemeinsam gesteuert. Gibt es zwei Geräte unterschiedlicher Kategorien im Haushalt, werden beide separat voneinander gesteuert.

Als Betreiber solcher Anlagen sind Sie verpflichtet, Ihre Geräte dem Netzbetreiber als steuerbare Verbrauchseinrichtung zu melden und die Vorkehrungen zu treffen, die notwendig sind, damit der Netzbetreiber ein Steuerungsgerät einbauen und die Wärmepumpe oder Wallbox ansteuern kann. Die Netzbetreiber sehen die Anmeldung in der Regel über Onlineportale vor. Die Meldung kann oder muss in manchen Netzgebieten der Installateur für Sie vornehmen. Darüber hinaus ist bei einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung ein intelligentes Messsystem zu installieren. Ob der Stromverbrauch über einen eigenen Zähler oder gemeinsam mit dem Haushaltsstrom gemessen wird, können Sie selbst entscheiden.

Entschädigungsanspruch für Betreiber steuerbarer Geräte

Ob es einen gemeinsamen Zähler oder einen eigenen Zähler für Wärmepumpe, Wallbox oder Speicher gibt, spielt für die Entschädigung eine Rolle. Sie haben die Wahl zwischen drei Modulen:  

  • Modul 1 können alle Betreiber wählen. Gewährt wird ein fixer Rabatt auf die Kosten für die Netzentgelte. Der Rabatt setzt sich zusammen aus 80 Euro plus einer „Stabilitätsprämie“, die von jedem Netzbetreiber nach einer einheitlichen Formel berechnet wird – nämlich Arbeitspreis des Netzentgelts x 3.750 x 0,2. Bei einem Arbeitspreis von 8 Cent pro Kilowattstunde ergäbe sich eine Prämie von 60 Euro. Zusammen mit den 80 Euro betrüge der Rabatt 140 Euro im Jahr. Nachschlagen können Sie den Arbeitspreis des Netzentgelts im aktuellen Preisblatt des Netzbetreibers, das auf der Internetseite zu finden ist. 
  • Modul 2 können nur Betreiber mit separatem Zähler für das steuerbare Gerät wählen. Bei den Netzentgelten entfällt der Grundpreis und auf den Arbeitspreis gibt es einen Reduzierung um 60 Prozent gegenüber jenem für Haushaltsstrom. In der Regel sollte dies zu einem Kostenvorteil von Wärme- oder Autostrom von rund 8 Cent pro Kilowattstunde gegenüber Haushaltsstrom führen. 
  • Modul 3 ist nur mit Modul 1 kombinierbar. Es handelt sich um ein zeitvariables Netzentgelt, das die Netzbetreiber erstmals 2025 auf ihren Preisblättern ausweisen müssen. Das Entgelt soll drei Tarifstufen haben – zu bestimmten Zeiten gelten diese und sollen dazu anreizen, den Strombezug in Zeiten zu schieben, in denen die Entgelte besonders niedrig sind. 

Als Betreiber sind Sie nicht darauf festgelegt, in einem einmal gewählten Modul zu bleiben. Von Modul 1 ins Modul 2 können Sie aber nur wechseln, wenn es einen eigenen Zähler für das steuerbare Gerät gibt. Modul 3 lässt sich zu Modul 1 hinzunehmen oder wieder weglassen. 

Der Entschädigung stehen Kosten für das Messsystem und das Steuerungsgerät gegenüber. Ein intelligentes Messsystem für eine steuerbare Verbrauchseinrichtung darf Sie 50 Euro im Jahr kosten – und damit 30 Euro mehr als ein einfacher digitaler Zähler; für die Steuerbox darf der Netzbetreiber pro Jahr 30 Euro berechnen.

Warum, wie und wann wird gesteuert?

Die neuen Vorgaben wurden mit diesen Zielen erlassen: 

  • einem schnellen Anschluss von Wärmepumpen, privaten Ladestationen und Stromspeichern ans Stromnetz und 
  • einem bedarfsgerechten und damit möglichst kostengünstigen Ausbau des Stromnetzes  
  • unter Gewährung des sicheren Betriebs und der Zuverlässigkeit des Stromnetzes.

Die Zahl von Wärmepumpen, Batteriespeichern und Wallboxen für die zunehmende Zahl von Elektroautos auf deutschen Straßen wächst. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten 20 Jahren Millionen Geräte dazukommen, die ans Niederspannungsnetz geschlossen werden und über dieses Strom beziehen können.  

Netzbetreiber könnten auf diesen Zubau auf zwei Weisen reagieren: Bei Anfragen auf Netzanschluss abwägen, ob das Netz ausreichend Kapazität hat und im negativen Fall erst einmal dieses ausbauen. Sie müssten dann warten, bis Sie Anlagen installieren dürften. Oder die Unternehmen bauen ihr Netz ins Blaue hinein aus, damit sie keinen Anschluss ablehnen oder aufschieben müssen. Die Folge: Vermutlich höhere Kosten für den Netzausbau als nötig. Die dritte Lösung ist die netzorientierte Steuerung, wie sie nun eingeführt wurde: Netzbetreiber dürfen den Anschluss von Wärmepumpen, Ladestationen und Speichern nicht ablehnen oder verzögern. Um aber eine drohende Überlastung des Netzes infolge hoher Lasten im äußersten Notfall abwehren zu können, dürfen sie die Leistung der steuerbaren Geräte dimmen – auf 4,2 Kilowatt. Die Geräte können also weiterlaufen, aber mit geringerer Leistung.

Zertifizierte Steuerboxen noch nicht verfügbar

Wie häufig solche Notfälle auftreten werden, wie viele Minuten oder Stunden Anlagen gedimmt werden und in welchen Verteilnetzen der Steuerungsbedarf bestehen wird, weiß heute niemand. Es gibt Netzbetreiber, die kurzfristig keine Notwendigkeit für einen Eingriff sehen und noch nicht einmal die Steuerungsgeräte bei neuen Anlagen einbauen. Auch wenn die Steuerung technisch nicht möglich ist, erhalten aber die Betreiber ihre Entschädigung – dieser Anspruch entsteht mit der Meldung von Wärmepumpe, Speicher oder Wallbox als steuerbares Verbrauchsgerät beim Netzbetreiber. Macht ein Netzbetreiber von der Steuerung Gebrauch, hat er anschließend das entsprechende Netz auszubauen. 

Ein Problem bei der Umsetzung der technischen Vorgaben ist, dass die einzusetzenden Steuerboxen derzeit noch nicht verfügbar sind: das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) muss diese erst zertifizieren. Verbaut ein Netzbetreiber Steuerungsgeräte nach den seit 2024 geltenden Regeln, werden diese vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt zu tauschen sein. Auch der Rollout intelligenter Messsysteme hängt den Vorgaben hinterher: Mehr als fünf Millionen sollten in Deutschland aufgrund gesetzlicher Bestimmungen installiert sein; tatsächlich waren es nach den Daten der Bundesnetzagentur Ende 2022 rund 230.000.

Bestandsschutz für ältere steuerbare Wärmepumpen und Wallboxen bis 2028

In den nächsten vier Jahren sollen Steuerboxen und ausreichend intelligente Messsysteme spätestens verfügbar sein. Darauf ist zumindest die weitere Planung ausgelegt. Denn ab 2029 sollen die bis Ende 2023 installierten Wärmepumpen, Wallboxen und Speicher in das neue System überführt werden, wenn sie bereits steuerbar sind und mehr als 4,2 Kilowatt Leistung haben.  

Etwa 1,5 Millionen solcher Anlagen gibt es. Endet ihr Bestandsschutz, wird das bisherige Steuerungsgerät gegen eine zertifizierte Steuerbox getauscht und der Betreiber wählt eines der einheitlichen Module zwecks Entschädigung. Ein früherer Wechsel ins neue System ist jederzeit möglich. Betreiben Sie eine solche Bestandsanlage, sollten Sie zuerst ausrechnen, ob Ihnen die reduzierten Netzentgelte nach den einheitlichen Berechnungsformeln mehr bringen als die, von denen Sie bisher profitieren. Die neue Entschädigung kann geringer sein als die, die Bestandsanlagen bislang erhalten. 

Betreiben Sie ein älteres Gerät, das bislang nicht steuerbar ist, können Sie dieses freiwillig für die Steuerung melden, wenn es mehr als 4,2 Kilowatt Leistung hat. Dann wird ein intelligentes Messsystem und ein Steuerungsgerät eingebaut und Sie haben Anspruch auf die Entschädigung. Es besteht aber keine Pflicht, die Geräte steuerbar zu machen – Sie können Ihre Anlage auch so lassen, wie sie ist. 

Eine Gruppe von bisher steuerbaren Verbrauchsgeräten kann nicht in das neue System wechseln: Nachtspeicherheizungen. Für diese gelten die bestehenden reduzierten Netzentgelte so lange, wie die Heizung in Betrieb ist und der Stromlieferant den Vertrag aufrecht erhält.

Fazit

Wenn Sie eine Wärmepumpe, einen Batteriespeicher oder eine Wallbox installieren, dann beachten Sie die neuen Bestimmungen zur Steuerbarkeit der Anlagen. Haben Sie bereits ein steuerbares Gerät zu Hause, besteht für dieses bis 2028 Bestandsschutz. Ab 2029 gelten die neuen Bestimmungen auch für Sie.

Nach oben scrollen
Share via
Copy link