Artikel erstellt am 20.09.2024
von Ines Rutschmann | ca: 5 Min. zu lesen

Neue Entwicklung: Batteriespeicher liefern direkt Wechselstrom

In Batteriespeichern wird Gleichstrom gespeichert. Um diesen im Haus zu nutzen, muss er in Wechselstrom gewandelt werden. Das machen zentrale Wechselrichter, die mit dem Speicher verbunden werden. Aber es geht auch anders: Dass der Batteriespeicher direkt Wechselstrom ausspeichert. Erste Geräte sind am Markt. Sie vereinfachen die Nachrüstung von Batteriespeichern zu bestehenden PV-Anlagen.

Moderne Batteriespeicher zur Speicherung von Solarstrom
Moderne Batteriespeicher zur Speicherung von Solarstrom (Bildquelle: YOUCEF – stock.adobe.com)

Um Batteriespeicher mit PV-Anlagen zu koppeln, braucht es Wechselrichter. Zwei Möglichkeiten der Einbindung herrschen in der Praxis vor:

  1. Der Speicher wird hinter dem Solarwechselrichter auf Wechselstromseite platziert. Weil der Solarwechselrichter den Gleichstrom vom Dach in Wechselstrom wandelt, ist für die Einspeicherung von Strom ein zweiter Wechselrichter zu installieren – ein Batteriewechselrichter. Dieser wandelt den Wechselstrom zurück in Gleichstrom. Nach dem Ausspeichern macht der Solarwechselrichter aus der Energie wieder Wechselstrom.
  2. Sitzt der Speicher hinter den Solarmodulen auf Gleichstromseite, wird nur ein Gerät installiert – ein Hybrid-Wechselrichter. Dieser verbindet zwei Geräte in einem: einen Solarwechselrichter und einen Batteriewechselrichter. Gleichstrom aus den PV-Modulen leitet der Hybrid-Wechselrichter in den Speicher oder er wandelt ihn in Wechselstrom, damit er im Haus verbraucht oder ins Stromnetz gespeist werden kann. Den gespeicherten Gleichstrom wandelt der Wechselrichter nach dem Ausspeichern in Wechselstrom.

Möglich ist in beiden Varianten, dass der Speicher bidirektional am Stromnetz betrieben wird. Das heißt, dass er nicht nur Strom ans Haus oder das öffentliche Stromnetz abgibt, sondern auch Strom aus dem öffentlichen Netz bezieht und einspeichert.

Werden PV-Anlage und Speicher zusammen angeschafft, wird die gleichstromseitige Einbindung bevorzugt. Denn sie geht mit weniger Wandlungsprozessen einher und nur ein Wechselrichter ist zu installieren. Dies lässt sich aber nur bedingt umsetzen, wenn ein Batteriespeicher nachgerüstet wird. An einen bestehenden Solarwechselrichter lässt sich kein Speicher schließen und der Einbau eines neuen Hybrid-Wechselrichters ist bei älteren PV-Anlagen häufig nicht möglich, weil die elektrischen Kenndaten der Module nicht zu denen des Wechselrichters passen. Es ist daher üblich, einen Speicher auf Wechselstromseite nachzurüsten – inklusive Batteriewechselrichter und verbundenen mit der mehrfachen Wandlung des Stroms im Zuge der Speicherung.

Batteriespeicher mit integrierter Leistungselektronik

Die Leistungselektronik, die sich in Wechselrichtern befindet, kann auch in den Batteriespeicher integriert werden. Sie ist dann nicht wie in einem Wechselrichter zentral gebündelt, sondern wird im Speicher verteilt – entweder erhält jede Speicherzelle ihre eigene Leistungselektronik oder mehrere Zellen werden verbunden und jedes Modul bekommt seine Leistungselektronik. Multi-Level-Umrichter nennt sich das Konzept. Die Zellen oder Module werden von einer Steuerungseinheit im Speicher so geschaltet, dass sich ihre einzelnen Spannungen zu einer sinusförmigen Wechselspannung ergänzen. Im Ergebnis stellt der Speicher beim Ausspeichern direkt Wechselstrom bereit.

Das Nachrüsten eines Speichers zu einer bestehenden PV-Anlage ist damit vergleichsweise einfach. Auf Wechselstromseite braucht kein zusätzlicher Batteriewechselrichter installiert werden. Das spart Platz und Kosten.

Vorzüge von Speichern mit Multi-Level-Umrichter: Effizienter und sicherer

Am Markt sind bisher wenige Firmen mit Multi-Level-Batterien. Die Ulmer Firma Sax Power liefert seit 2022 Systeme für den Hausgebrauch aus. Instagrid bietet mobile Speicher, etwa für den Einsatz auf Baustellen. Saft, Relectrify und Exro Technologies bieten Großspeicher für die gewerbliche und industrielle Nutzung. Weltweit arbeiten weitere Firmen an Produkten, die möglicherweise in den kommenden Jahren auf den Markt kommen.

Die verteilte Leistungselektronik im Speicher bedeutet, dass deutlich mehr Leistungshalbleiter und Mikroprozessoren eingesetzt werden müssen als in zentralen Wechselrichtern. Dafür entfallen andere Bauteile, die ein zentrales Gerät braucht. Das Mehr an Elektronik sollen weitere Vorteile von Multi-Level-Batterien wettmachen: Die Speicher ließen sich sicherer betreiben, weil einzelne Zellen oder Module spannungsfrei geschaltet werden können, erklären die Hersteller. Die Geräte arbeiteten verlustärmer, weil es für die kleinteilige Leistungselektronik keine größeren Bauteile wie Spulen oder Kondensatoren braucht wie bei zentral gebündelter Leistungselektronik. Diese Bauteile erwärmen sich im Betrieb und senken den elektrischen Wirkungsgrad. Unabhängige Effizienztests liegen noch nicht vor, aber die Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) Berlin hat für ihre kommende Speicher-Inspektion ein Gerät mit Multi-Level-Umrichter testen lassen. Die Ergebnisse werden im Frühling 2025 veröffentlicht.

Höhere Lebensdauer erwartet

Schließlich sollen sich Speicher mit Multi-Level-Umrichter länger betreiben lassen als solche mit zentralem Wechselrichter. Für konventionelle Batteriespeicher wird eine Lebensdauer von 15 Jahren veranschlagt. Das Ende der Lebensdauer von stationären Geräten gilt als erreicht, wenn die Speicherkapazität unter 80 Prozent der Nennkapazität laut Datenblatt gefallen ist. Die Hersteller von Multi-Level-Batterien erwarten, dass ihre Geräte eine um 30 bis 80 Prozent längere Lebensdauer erreichen können.

Der Grund ist einfach: In konventionellen Batteriespeichern werden die Lithium-Ionen-Zellen in Reihe geschaltet. In einer Reihenschaltung bestimmt immer das schwächste Glied die Performance der anderen: Eine schwache Zelle in der Reihe führt dazu, dass die anderen nicht mehr ihre volle Kapazität nutzen können. In Multi-Level-Umrichtern beeinflussen sich die einzelnen Zellen nicht gegenseitig. Die zentrale Steuerung belädt und entlädt jede Zelle individuell und zwar so, dass sie abwechselnd und damit über einen längeren Zeitraum gleichmäßiger belastet werden. Der Strom kann an defekten Zellen auch vorbeigeführt werden. Der Austausch einzelner Zellen ist möglich.

Bei Multi-Level-Umrichtern auf Modulebene werden auch Speicherzellen zusammengeschalten. Bei Sax Power sind es beispielsweise fünf. Eine schwache Zelle kann damit die anderen im Modul beeinträchtigen, aber die einzelnen Module sind voneinander unabhängig. Das Prinzip des rotierenden Ladungsausgleichs funktioniert auf Modulebene genauso wie auf Zellebene. Das heißt, die Module und ihre Zellen werden über die Zeit gleichmäßig belastet; einzelne Modul lassen sich tauschen.

Nutzung von Second-Life-Batterien und Zellen mit ungleichen Kennwerten

Die individuelle Ansteuerung von Zellen und Zellmodulen bietet zudem einen Vorteil im Einkauf von Lithium-Ionen-Zellen: In einer Reihenschaltung müssen sich diese in ihren elektrischen Kenndaten möglichst gleichen. Hat jede Zelle oder jedes Zellmodul die eigene Leistungselektronik, können Zellen mit voneiander abweichenden Eigenschaften zu einem Batteriespeicher verbaut werden, ohne dass sich dies ungünstig auf Leistung und Speicherkapazität des Systems auswirkt. Die Nutzung von Second-Life-Batterien ist so viel einfacher. Darauf spezialisert hat sich die Firma Stabl.

Batteriespeicher mit Multi-Level-Umrichter lassen sich zu jeder bestehenden Photovoltaikanlage nachrüsten. Die Geräte verfügen über Leistungselektronik und können Wechselstrom einspeichern und direkt wieder ausspeichern. Die Wandlungsprozesse finden im Gerät statt.

”"
Nach oben scrollen
Share via
Copy link