Artikel aktualisiert am 05.04.2024
von Ines Rutschmann | ca: 6 Min. zu lesen

Wie PV-Anlagen nach Ablauf der EEG-Förderung am Stromnetz bleiben

Wer Solarstrom erzeugt, hat 20 Jahre Anspruch auf eine Förderung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Und dann? Lässt sich die Photovoltaikanlage weiter betreiben. Dieser Artikel erklärt, was Sie dazu wissen müssen.

Solaranlage auf dem Dach bei bewölktem Himmel
Solaranlage auf dem Dach bei bewölktem Himmel (Bildquelle: Petair – stock.adobe.com)

Die ältesten Photovoltaikanlagen in Deutschland sind seit mehr als 30 Jahren in Betrieb. Der Wechselrichter muss in vielen Systemen nach spätestens 20 Jahren einmal ersetzt werden. Die Solarzellen unterliegen dagegen keinem Verschleiß, wenn sie im Modul gut vor Wind und Wetter geschützt sind. So können sie auch nach 30 Jahren noch ordentlich Strom erzeugen.

Wenn Sie eine PV-Anlage länger als 20 Jahre betreiben wollen, bleibt unter technischen Gesichtspunkten alles beim Alten: Die Stromerzeugung sollte weiterhin überwacht und das System regelmäßig gewartet werden; einzelne Komponenten müssen vielleicht repariert oder ersetzt werden. Rechtlich ändern sich hingegen die Rahmenbedingungen, wenn die Anlage weiter ans öffentliche Netz geschlossen bleibt.

Recht auf Netzanschluss und Einspeisevorrang gilt unbefristet

Das wichtigste Gesetz für den Betrieb einer Photovoltaikanlage ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG. Es gilt für alle Solarstromsysteme, die mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden sind. Unerheblich ist dabei, ob die Anlage direkt ans Netz geschlossen oder ein Stecker-Solar-Gerät über eine Steckdose in der Wohnung mittelbar mit dem Netz verbunden ist.

Das EEG sichert den Betreibern all dieser Anlagen zwei elementare Rechte zu:

  • den vorrangigen Anschluss der Anlage an das öffentliche Stromnetz und
  • die vorrangige Abnahme des erzeugten Solarstroms

Netzbetreiber sind somit verpflichtet, Photovoltaikanlagen an ihr Netz zu schließen und dort zu belassen. Der Ökostrom hat bei der Einspeisung Vorrang gegenüber fossiler Energie. Gibt es etwa ein Überangebot an Strom, sind zuerst entbehrliche fossile Kraftwerke abzuregeln, ehe Netzbetreiber auf PV-Anlagen oder Windkraftanlagen zugreifen dürfen. Diese beiden Rechte – auf Netzanschluss und Einspeisevorrang – bestehen unbefristet.

Anspruch auf gesetzliche Förderung endet nach 20 Jahren plus x Tagen

Darüber hinaus haben Betreiber von Photovoltaikanlagen einen Anspruch auf eine gesetzliche Förderung für den eingespeisten Solarstrom. Es gibt zwei Arten: die Einspeisevergütung und die Marktprämie. Gemeinsam ist ihnen, dass sie nur eine befristete Zeit gezahlt werden: 20 volle Kalenderjahre plus das Rumpfjahr, in dem die Anlage in Betrieb ging. Ist die Zeitspanne abgelaufen, gilt die PV-Anlage als „ausgefördert“.

Die Konsequenzen sind unterschiedlich, je nachdem welche Art der Förderung genutzt wird. Wer bislang die Marktprämie auf direkt vermarkteten Strom erhält, bekommt diese nach Ende des Förderzeitraums nicht mehr. Die Anlage ist mit Vorlauf von mehr als einem Monat zum Jahresende – bis spätestens 30. November – einer anderen Veräußerungsform zuzuordnen, der „sonstigen Direktvermarktung“. Das ist die nicht geförderte Direktvermarktung. Bleibt der Vertrag mit dem Direktvermarkter bestehen, übernimmt er die Meldung an den Netzbetreiber, bringt den Strom weiter an die Börse und schüttet den Gewinn an Sie aus. Ohne Marktprämie kann der Gewinn aber geringer sein, abhängig von den erzielten Erlösen an der Börse.

Übergangsregelung für Einspeisevergütung bis Ende 2027

Beziehen Sie die Einspeisevergütung, kann bis 2027 zunächst eine Übergangsregelung greifen. Teilen Sie dem Netzbetreiber nicht mit, dass Sie den eingespeisten Strom künftig direkt verkaufen wollen, wird die Anlage automatisch der Einspeisevergütung für ausgeförderte Systeme zugeordnet. Der Netzbetreiber nimmt die elektrische Energie weiterhin ab und verkauft sie an der Börse. Statt einer über Jahre festen geförderten Vergütung zahlt er den Marktwert für Solarstrom des vorangegangenen Jahres, abzüglich einer kleinen Gebühr.

Die Marktwerte für Solarstrom veröffentlichen die Übertragungsnetzbetreiber. Bis einschließlich 2020 lag der Jahreswert für Solarstrom bei 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde. Im Zuge des Anstiegs der Preise an der Strombörse, erhöhte sich auch der Marktwert von Solarstrom stark – im Jahresmittel 2022 auf mehr als 20 Cent pro Kilowattstunde. So viel zahlt aber kein Netzbetreiber. Die Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen ist seit 2023 gesetzlich gedeckelt: auf 10 Cent pro Kilowattstunde.

Ab 2028 braucht eingespeister Solarstrom einen Direktvermarkter

Ende 2027 klingt die nicht geförderte Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen aus. Das betrifft schätzungsweise 250.000 Photovoltaikanlagen, die bis Ende 2026 aus der EEG-Förderung fallen. Weitere 80.000 zählen ab Neujahr 2028 zu den ausgeförderten PV-Systemen. Bis 2030 erhöht sich die Zahl auf eine Viertelmillion pro Jahr.

Für die Betreiber all dieser Anlagen endet ab 2028 die Möglichkeit, Solarstrom einfach ins Netz zu speisen, ohne sich um einen Abnehmer zu kümmern. So lange Sie die Einspeisevergütung erhalten, darf der Netzbetreiber Ihren Solarstrom kaufen, obwohl das die Vorschriften zur Entflechtung im Energiemarkt nicht erlauben. Gemeinsam mit dem Anspruch auf Einspeisevergütung erlischt die Ausnahmeregelung, dass ein Netzbetreiber Strom handeln darf. Fließt Strom einer ausgeförderten Anlage ab 2028 ins Netz, ohne dass es einen Abnehmer dafür gibt, handelt es sich um „Schwarzeinspeisung“. Wie der Begriff vermuten lässt, ist dies nicht erlaubt. Ein Anlagenbetreiber braucht dann einen Vermarkter oder er verkauft den Strom direkt an Verbraucher und sorgt dafür, dass kein Strom mehr ins öffentliche Netz fließt.

Aufwand und Nutzen der Direktvermarktung abwägen

Direktvermarkter, die kleine PV-Anlagen in ihr Portfolio aufnehmen, gibt es bereits. Vermutlich wird die Zahl der Dienstleister wachsen. Ein Direktvermarkter teilt dem Netzbetreiber die Zuordnung zur neuen Veräußerungsform mit, wenn der Anlagenbetreiber idealerweise mindestens zwei Monate vor Jahresende einen Vertrag mit dem Direktvermarkter schließt.

Technische Voraussetzung für den Vertrieb des Stroms über das öffentliche Netz ist, dass ein intelligentes Messsystem installiert ist, über das der Vermarkter die Einspeisemengen aus der Ferne abrufen kann. Zudem muss er die Anlage steuern können. Ein intelligentes Messsystem sollen die meisten PV-Anlagen mit mehr als 7 Kilowatt Leistung bis 2030 verpflichtend installiert bekommen. Steuerbar müssen Systeme in der EEG-Förderung erst bei mehr als 25 Kilowatt Leistung sein. Ist ein Steuerungsgerät nachzurüsten, bedeutet das einmalige Zusatzkosten für den Anlagenbetreiber. Auch für die Aufnahme in die Direktvermarktung kann eine einmalige Gebühr berechnet werden. Die Vermarktung selbst ist mit laufenden Kosten verbunden. Welche Erlöse sich erzielen lassen, können die Anbieter prognostizieren, wenn es so weit ist.

Fazit

Ab 2028 braucht jede ausgeförderte Anlage einen Abnehmer, wenn Solarstrom weiterhin ins öffentliche Netz fließen wird. Mit Vorlauf von mindestens zwei Monaten sollten Sie für sich kalkulieren, ob sich der Stromverkauf am Markt für Sie lohnt und einen Direktvermarkter suchen. Alternativ können Sie den Strom vollständig selbst nutzen oder Abnehmern in der Nähe zuleiten. Das gelingt, wenn Sie Strom speichern und Mieter im Haus oder Nachbarn versorgen, ohne das öffentliche Netz zu nutzen.

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