Artikel aktualisiert am 22.03.2023
von Karina Shepetunova | ca: 5 Min. zu lesen

Photovoltaik ohne Wechselrichter – kann das funktionieren?

In unserem Artikel „Gleichstrom, Wechselstrom, Wechselrichter“ finden Sie die Erklärung dazu, welche Stromart in welchem Teil einer Photovoltaikanlage vorherrscht. Vielleicht ist bei Ihnen während des Lesens die Frage aufgekommen, ob es auch möglich ist, eine PV-Anlage ohne Wechselrichter, also ohne Wechselstrom, betreiben und verwenden zu können. Ob und wie es möglich sein kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Photovoltaikanlage ohne Wechselrichter - Für wen lohnt es sich?
© Golden Sikorka – stock.adobe.com

Bei jedem Umwandlungsprozess von elektrischem Strom ist zwangsläufig mit einer Verlustleistung zu rechnen. Wandelt man Gleichstrom, welcher durch die Solaranlage erzeugt wird, in Wechselstrom um, so verbraucht auch der Wechselrichter Energie. Die größten Verluste zeigen sich jedoch durch die Produktion von Wärme. Somit können Sie am Ende mit den Solarmodulen nicht die volle Leistung erzeugen und nutzen.

Mobile Kleinanlagen

Am Beispiel von Wohnwagen, Wohnmobilen und Booten können Sie sehen, dass es durchaus möglich ist, eine PV-Anlage ohne Wechselrichter zu betreiben und zu nutzen. Die PV-Module erzeugen eine Gleichspannung von 60-80V. Diese Spannung liegt an einem Laderegler an und wird dort auf eine Spannung von ca. 14,7V reduziert. Mit dieser Spannung werden dann die Bordbatterien aufgeladen.

Die Verbraucher eines Wohnwagens, Wohnmobils und Bootes sind auf eine Betriebsspannung von 12V ausgelegt, können und müssen somit nur mit Gleichstrom betrieben werden. Für den Campingbedarf werden mittlerweile sehr viele elektrische Haushaltsgeräte angeboten, die den Alltag erleichtern und mit Gleichstrom betrieben werden können. Vom elektrischen Licht über Kaffeemaschine bis hin zum Kühlschrank, alles scheint mit Gleichstrom möglich zu sein. Jedoch gibt es ein großes „Aber“. Eine Begrenzung bit es nur durch die Leistungsfähigkeit der Geräte. Wenn Sie beispielsweise Ihr Smartphone, Tablet oder Laptop laden wollen, gibt es spezielle 12V>5V Netzteile die nur die Spannung des Gleichstroms auf den benötigten Wert reduzieren. Die dabei auftretende Verlustleistung ist so gering, dass sie eher eine untergeordnete Rolle spielt.

Wohnhäuser

Eine Photovoltaikanlage, welche auf einem Wohnhaus installiert wurde, muss deutlich mehr leisten als jene, welche auf Wohnmobilen verbaut werden. Auch die zu betreibenden Verbraucher sind andere. Es geht dann nicht mehr nur um den Betrieb einer Kaffeemaschine oder Lampen, die Licht ins Dunkel bringen und auch nicht um einen kleinen Kühlschrank. In einem Wohnhaus sollen Waschmaschinen, Kochfelder, Backöfen, Bohrmaschinen, Spülmaschinen, Gefriertruhen, große Fernseher, Stereoanlagen usw. betrieben werden. Dafür braucht man viel Leistung und vor Allem Wechselstrom. Denn an jedem handelsüblichen Elektrogerät befindet sich ein 220V oder 400V Stecker.

Betrachtet man jetzt die verschiedenen Haushaltsgeräte genau, so sieht man bei vielen Geräten gleich nach dem Netzstecker ein Netzgerät. Schaut man sich dieses genau an, so sieht man als Ausgangsspannung meist eine niedrige Gleichspannung. Es werden also zum Beispiel Computer, Smartphones, Fernseher, Monitore und Ladegeräte von diversen Kleingeräten mit Gleichstrom betrieben.

Wechselstrom als universellen Ausgangspunkt für den Betrieb von Elektrogeräten zu verwenden hat seinen Ursprung in der Stromerzeugung und -verteilung. Es ist technisch einfacher eine Wechselspannung zu erzeugen. Die Generatoren sind kleiner und leistungsfähiger als Gleichstromgeneratoren. Zudem ist der Wirkungsgrad höher.

Der Wirkungsgrad beschreibt den Quotienten von abgegebener Leistung durch die zugeführte Leistung am Generator. Je größer dieser Wert ist um so effektiver arbeitet ein Generator.

Nachdem der Strom erzeugt ist, muss er als nächstes verteilt werden. Die dafür benötigten Kabel müssten bei gleicher Leistung um ein Vielfaches dicker sein, um auf dem Leitungsweg so wenig Verluste wie möglich zu haben. Durch diese Umstände wurde der Wechselstrom zum universalen Versorgungsstrom in Wirtschaft und Haushalt.

Die Hersteller von Elektrogeräten haben sich also dem Markt angepasst.

Das Projekt Gleichstromhaus

Es gibt einen Blog im Internet, in dem der Hausbesitzer und Protagonist seinen Haushalt in der Zeit von 2013 bis 2015 auf den Betrieb einer Photovoltaikanlage mit Verwendung von Gleichstrom eingerichtet und umgebaut hat.  Dieses Projekt hat den Besitzer vor sehr viele Herausforderungen gestellt. Es gibt keine Backöfen für den Gleichstrombetrieb, ebenso gibt es keine großen Waschmaschinen, welche mit Gleichstrom betrieben werden.

Auf über 1300 Seiten und unzähligen Videos wird der schrittweise Umbau begleitet und dem Zuschauer nahe gebracht was es bedeutet, ein Haus nur mit Gleichstrom zu betreiben.

Die übliche Technik

Kaufen Sie sich eine handelsübliche Photovoltaikanlage und lassen diese installieren, so stehen Sie vor folgenden Werten:

Ausgang PV-Modul:    60-80V Gleichspannung

  • Eingang Laderegler

Ausgang Laderegler:  500-600V Gleichspannung

  • Eingang Batteriespeicher (Hochspannungsspeicher)
  • Eingang Wechselrichter

Ausgang Wechselrichter: 220V / 400V Wechselspannung

Die Gleichspannung vor dem Wechselrichter abzugreifen und zu verwenden ist nicht ohne Weiteres möglich. Es wird ein Zwischenschritt benötigt nämlich das Herunterregeln auf 12V oder 24V Gleichspannung. Dieser Gleichstrom muss anschließend über ein ergänzendes Leitungsnetz im Haus verteilt und mit passenden Gleichstromdosen ausgestattet werden. Hierbei bieten sich handelsübliche Kfz-Steckdosen an. Für diese sind auf dem Markt verschiedene Netzteile verfügbar, die meist eine Gleichspannung von 5V zur Verfügung stellen, um mobile Kleingeräte zu laden.

Fazit

Grundsätzlich ist es technisch möglich einen Haushalt mit Gleichstrom zu betreiben ohne ihn vorher in Wechselstrom zu wandeln. Allerdings muss man dafür technisch sehr versiert sein. Geräte müssen speziell ausgewählt werden und Netzgeräte müssen angepasst werden. Viele neue und vor allem dicke Kabel müssen verlegt werden, da bei gleichbleibender Leistung und niedrigerer Spannung der Strom die bestimmende Größe für den Leitungsdurchmesser ist. Es können keine „normalen“ Waschmaschinen und andere Haushaltsgroßgeräte betrieben werden. Man muss auf kleinere Campingvarianten umsteigen.

Das ergibt einen großen Aufwand und hohe Kosten für einen vergleichsweise geringen Nutzen. Denn die Wechselrichter für Solaranlagen unterliegen einer ständigen Weiterentwickel. Ihr Wirkungsgrad wird zusehends optimiert. Somit ergibt das summa summarum eine Reduktion der Verlustleistung.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich der gesamte Aufwand nur bei mobilen Kleinanlagen lohnt, mit denen sich der Nutzer weitestgehend vom teuren Campingplatzstrom unabhängig machen kann. Oder aber um Strom zur Verfügung zu haben, wo weit und breit keine Steckdose des öffentlichen Netzes zu finden ist.

Nach oben scrollen
Share via
Copy link